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Людвигу Пичу - Письма (1866-июнь 1867) - Мемуары и переписка- Тургенев Иван Сергеевич9(21) апреля 1866. Баден-Баден Baden-Baden. Schillerstrasse, 277. d. 21 April 1866. Liebster Freund, Von einer sehr langweiligen Auerhahnjagdexpedition eben zurückgekehrt, find' ieh Ihren Brief1 - und muss mit von Schamröthe glühendem Gesicht gestehen, dass ich - wenn nicht ein vergessliches - doch ein sehr fau-les Thier bin. Je alter man wird, je schneller gleitet einem das Leben unter den Fingern weg - und man findet Zeit zu nichts - obschon man eigentlich gar nichts thut. Solche philosophischen Reflexionen sind auch eigentlich nie etwas anderes als Entschuldigungen - und deswegen höre ich auf, in die Tiefe zu streben - und mache mich etwas breit - d. h. ich schreibe. Aus dem zuerst erwähnten Umstande werden Sie einsehen können - dass es mir, dank Hirer Salbe - ganz gut geht - und an meiner Hand spur' ich jetzt nichts mehr2. Was aber weit wichtiger ist - auch Mme Viardot geht es endlich besser, nach langem Hin- und Her-Schwanken - und grade heute hat sie zum ersten Mai nach einem Monat gesungen - in einer höchst glänzenden Matinée in der Tonhalle, mit Prinzessinen {Далее зачеркнуто: und}, Fürstinnen und ähnlichem Gewürm3. Es war grossartig - besonders ein Schubert'sches Lied - der "Doppelgänger"4. Man bekommt dabei so ein leises Todesgeriesel im Rückenmark, das sich in kalton Entzückungsthränen auflëst - das müssen Sie hören! Auch die Deconei, die nach London geht und die Schroder sangen prächtig.-- Der "Thiergarten" steht eben jetzt im schönsten Flor - physisch und moralisch5: mein Schlösschen rückt gewaltig vor - und am 1-ten Oktober werd' ich mich dort etabliren6. Da ist em Zimmer, welches die Kinder "Chambre de Pietsch" getauft haben. Aber Sie kommen natürlich; früher, im Sommer - und werden noch im Anblick der liebenswürdigen Mme Anstett schwelgen können . Ihre beiden Artikel über G. Doré sind ganz vortrefflich - das nenn' ich den Nagel auf den Kopf treffen - das ist die Wahrheit, was man auch jetzt sage. Ich schicke sie Ihnen nächstens8.-- Es thut mir herzlich Leid, dass Sie sich noch immer herumplagen müssen - aber von Krieg ist, glaub' ich, keine Rede mehr - und die Furcht davor wird baldigst verschwinden mit all den üblen Folgen, von denen Sie schreiben. Was bleiben wird - ist dieser wirklich colossale "entrechat" des Herrn v. Bismarck. So etwas ist wahrscheinlich noch nicht vorgekommen; und wenn dieser Herr mit innerem Hohn und Ironie dièse Thaten vollbringt, so steckt in ihm ein mit Macchiavell durchkreuzter Aristophanes. Das wird hoffentlich dem vielbelobten Suffrage universel den letzten Todes - nein Backenstreich geben. Hoffentlich hab' ich gesagt? - Ach! die Menschen sehnen sich ja nach Backenstreichen. Sie geben ihnen - nämlich den Menschen - ein Gefühl von Realität9. Und was sagen Sie zu der Geschichte in Petersburg? Da steht allés jetzt auf dem Kopf. Die Rettung des Kaisers (durch einen Bauer) - ist ein grosses Glück für unser Land". Und nun - auf Wiedersehen! Grüssen Sie aile lieben Freunde - und Ihre Familie. Ihr getreuer I. Turgeneff. P. S. Der Roman bleibt liegen11 - aber ich habe eine kleinere Novelle angefangen - die tropfelt so leidlich12. |
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